Zwischen Jung und Alt – wie löst man den Generationenkonflikt?

Dr. Irène Kilubi | 16.11.2023 | 7 Minuten Lesezeit

Grafik mit Titel und Foto von Dr. Irene Kilubi
Quelle: Zukunft Personal

Das Wichtigste in Kürze

Um Ageismus am Arbeitsplatz zu bekämpfen und Altersgerechtigkeit zu fördern, ist entscheidend, dass Jung und Alt in einem auf Augenhöhe geführten Dialog regelmäßig unterschiedliche Meinungen klären, gegenseitige Akzeptanz und Wertschätzung aufbauen sowie durch kluge Führung Brücken bauen, um Verständnis zu verbessern und Kompromisse zu fördern; darüber hinaus sollten Unternehmen die Altersvielfalt als Bereicherung betrachten und durch interne Maßnahmen wie Jobwechsel, Tandem-Modelle und Schulungen Altersdiskriminierung aktiv vermeiden.

Um Ageismus in der Arbeitswelt entgegenzuwirken, ist es wichtig, dass sich Jung und Alt auf Augenhöhe begegnen und miteinander kommunizieren. Regelmäßige Gespräche in vertrauensvoller Atmosphäre stellen klar, bei welchen Themen die Meinungen auseinandergehen. Eine gegenseitige Akzeptanz und Wertschätzung helfen, Missverständnisse sowie Vorurteile zwischen den Altersgruppen aus dem Weg zu räumen. Mit einer klugen Menschenführung bauen Sie Brücken und verbessern das Verständnis füreinander. Treffen unterschiedliche Ansichten aufeinander, sind Sie und Ihre Arbeitnehmenden gefordert, schrittweise Zugeständnisse zu machen und Kompromisse zu finden. Bei verhärteten Fronten scheuen Sie sich nicht, externe Vermittler*innen einzuschalten. Im Übrigen: Es empfiehlt sich, die Altersvielfalt in Ihrem Unternehmen als Chance zu sehen. 

Tipps und Methoden, Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz zu vermeiden

Innerbetriebliche Jobwechsel, gemischte Tandem-Modelle, oder Mentoring-Programme vermitteln digitale Kompetenzen an Menschen im höheren Lebensalter. Solch eine Form der Zusammenarbeit bringt unterschiedliche Generationen ins Gespräch und hilft, falsche Vorstellungen auszuräumen. So fördern heterogene Teams sowie übergreifendes Jobsharing oder Mentoring den Wissensaustausch am Arbeitsplatz. 

Mit internen Schulungen erhöhen Sie nicht nur das Arbeitsvermögen des Personals, sondern bringen zudem neuen Schwung in den Berufsalltag. Schaffen Sie Schulungsangebote, die für Jung und Alt gleichermaßen infrage kommen. Ältere Mitarbeitende lernen anders als jüngere – trotzdem sind sie bereit, sich weiterzubilden und neue Kompetenzen zu erwerben. Auf diese Weise erhöhen Sie die Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit im Alter. Innerbetriebliche Jobwechsel sowie regelmäßige Weiterbildungen bringen frischen Wind in den Alltag und tragen zur Motivation bei. Damit Jung und Alt voneinander lernen, sind altersgemischte Gruppen ideal. Ein Mehr-Generationen-Team versetzt routinierte Kolleg*innen in die Lage, ihr Wissen und Potenzial einzubringen. Nicht zuletzt empfiehlt es sich, die Berufstätigkeit auf die individuellen Bedürfnisse abzustimmen – etwa durch flexible Arbeitszeiten. 

Es ist ebenfalls sinnvoll, reifere Kolleg*innen bei Entscheidungen mitzunehmen und gezielt anzusprechen. Um Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz zu vermeiden, ist es wichtig, Vorurteile zu erkennen und ein Schubladendenken abzubauen. Stellen Sie keine Vermutungen aufgrund des Alters an. Keine vorschnellen Schlüsse, dass Digitalisierung im Unternehmen und Menschen über 60 nicht zusammenpassen. 

Den Generationenkonflikt ganz einfach beheben 

Mitarbeitende mit mehreren Jahrzehnten Erfahrung bringen andere Fähigkeiten mit sich als junge Angestellte der Generation Z. Das ist so. Das lässt sich nicht schönreden, schlechtreden oder ignorieren. Genau an dieser Stelle beginnt das weitverbreitete Problem. Unterschiede nicht anzusprechen und sie unter den Teppich zu kehren ist ein denkbar schlechter Ansatz, um die Stärken aller Generationen anzuerkennen und zu nutzen.  
 
Das Miteinander muss im Zentrum stehen 

Dieses lässt sich nur dann erreichen, wenn Schubladendenken, Vorurteile und überdimensionierte Egos keine Rollen am Arbeitsplatz spielen. Das beste Vorbild dafür ist es, wenn eine effiziente und wertschätzende Zusammenarbeit das Unternehmensklima bestimmt. Mentoring-Programme für jeden neuen Angestellten – unabhängig vom Alter – zeigen, dass es nur um das Einfinden am Arbeitsplatz geht. Die Maxime muss dabei sein, dass neue Mitarbeitende für ihre Leistung und Motivation geschätzt und da abgeholt werden, wo sie sind.  
 
Zudem ist es wichtig, funktionale Zusammenarbeit zu fördern. Tandem-Arbeit und Team-Projekte mit mehreren Generationen führen nur dann zum Erfolg, wenn sowohl umfassende Erfahrung als auch innovative Ideen Gehör finden, Stärken anerkannt und Schwächen berücksichtigt werden. Dazu gehört es, voneinander zu lernen zu können und zu wollen.  
 
Für Personaler*innen stellt das eine besondere Herausforderung dar.

Unmöglich ist es jedoch nicht. Älteren Mitarbeitenden muss klar sein, dass jüngere Kolleg*innen keinen Ersatz für sie darstellen. Sie sind jedoch auch keine Kleinkinder, die bei jedem Handgriff Unterstützung benötigen. Stattdessen sind es junge und durchaus fachkundige Erwachsene, die sich in der digitalen Welt oft deutlich natürlicher auskennen als ältere Generationen. Ebenso sind ältere Generationen nicht das alte und lernunwillige Eisen, das nichts mehr beizutragen hat.

Im Gegenteil: Jüngere und Ältere Menschen können voneinander lernen und damit sowohl sich selbst als auch das Unternehmen bereichern.

Gen-Z am Arbeitsplatz – die Effizienz zählt

Die neuen Generationen möchten eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit. Sie legen großen Wert auf Freunde und Familie, wollen Gehör finden und Neues ausprobieren. Im Vergleich zu den Mitarbeitenden vor ihnen gelten sie dadurch als faul, verwöhnt und eingebildet. Sie sind damit jedoch auch ein Vorbild, sofern im Unternehmen ein Umdenken stattfindet.

Die Generation Z ist flexibel und qualifiziert – aber auch anspruchsvoll und wechselwillig. Von ihrem beruflichen Werdegang hat sie ganz konkrete Vorstellungen. Neben passenden Rahmenbedingungen legt sie viel Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance sowie eine strikte Trennung von Arbeits- und Privatleben. Anders als ihre Vorgänger*innen gewichten sie Familie und Freizeit stärker als die Erwerbstätigkeit. Die jungen Arbeitnehmer*innen wünschen sich einen erfüllenden, sinnstiftenden Job, der eine positive Auswirkung auf die Umwelt hat. Themen wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung stehen bei ihnen an oberster Stelle. Das Selbstbild der „Digital Natives“ ist fest verbunden mit der digitalen Welt. An Sie als Personaler*in Stellen die Post-Millennials große Ansprüche: Sie erwarten, dass ihre Vorstellungen Gehör finden und in die Firmenkultur Einzug halten. 

Wie dies gelingen kann:

Sinnvoll ist es, die Stärken der Gen-Z zu nutzen. Die technikaffine Seite kann sich beispielsweise auszahlen, wenn Flexibilität hilfreich ist. Am Abend oder am Wochenende nachzuarbeiten, ist zwar nicht der Fokus jüngerer Mitarbeitender. Wird ihnen dafür aber an anderen Stellen die gewünschte Flexibilität geboten, können alle davon profitieren.  
 
International, motiviert, offen und kreativ sind die jungen Generationen zum einen eine innovative Kraft, die im Arbeitsumfeld nicht zu unterschätzen ist. Zum anderen sind sie eine neue Zielgruppe, die neue Ansprüche stellt. Aus genau diesem Grund ist es an der Zeit, ihnen eine Stimme zu geben – sie jedoch nicht auf ein Podest zu heben. Denn ebenso wie ältere Mitarbeitende vor mehreren Jahrzehnten fangen sie gerade erst an. Sie kennen das Unternehmen nicht, haben weniger Erfahrung und benötigen in manchen Bereichen ebenso Anleitung, Regeln und Grenzen wie ältere Mitarbeitende Hilfe bei der Nutzung von Social Media und neuen Wegen des Marketings benötigen. 

Altersgerechtigkeit vorantreiben – jetzt!

Gehen wir kurz davon aus, dass drei Bewerbungen auf deinem Schreibtisch liegen. Die Bewerbenden sind 20, 40 und 60 Jahre alt. Du bist für ein Start-up verantwortlich und sollst die Abteilung Marketing passend verstärken. Bei vielen wäre die Bewerbung der 60-jährigen Person sofort außen vor. Für ein Start-up zu alt, mit Sicherheit nicht mehr lernwillig und nicht mehr lernfähig. 20 Jahre ist ein bisschen zu jung. Flausen im Kopf. Noch nichts erlebt. Aber formbar. Der 40-jährige Bewerbende ist hoffentlich zum einen erfahren und zum anderen noch formbar und jung genug, um sich gerade so einzufügen.  
 
Das Problem hierbei: Ageismus wird bereits beim Einstellverfahren vorgelebt. Schubladendenken wird gefördert. Qualifikationen und individuelle Vorteile werden vollkommen ignoriert. Dabei sollte das Gegenteil der Fall sein. Am wichtigsten ist die persönliche Eignung, nicht das Alter. Möchtest du das vermitteln, musst du es auch selbst berücksichtigen und solltest es häufiger betonen.  
 
Ein weiterer wichtiger Faktor sind Einzel- und Team-Gespräche. Denn was im Kollegium gut oder schlecht läuft, lässt sich am besten durch ehrliche Kommunikation in Erfahrung bringen. Den Rahmen dafür zu schaffen, obliegt dir. Es hilft nicht, eine einzelne Person vor allen anderen zur Rede zu stellen. Bei abgeschirmten Gesprächen die Meinungen von allen einzuholen, kann hingegen Aufschluss darüber geben, wer die Meisterschaft im Trittbrettfahren gewinnt und wer unzufrieden ist, weil ständig die Arbeit anderer erledigt werden muss.  
 
Das Schließen der Age-Gap ist kein einfaches Unterfangen. Wer aber eine erfolgreiche Zusammenarbeit kreiert und die Stärken aller Generationen nutzen kann, ohne Freundschaften zu erzwingen, hat zahlreiche Vorteile auf seiner Seite. Denn die neuen und die alten Werte im Einklang bedeuten einen immensen Vorsprung für jedes Unternehmen. 

Also, wie kämpfst du für mehr Altersgerechtigkeit?

 

Buch von Irène Kilubi zum Thema Altersdiversität

In Wirtschaft, Politik, Medien und Gesellschaft tobt ein Generationenkonflikt. Die Älteren rümpfen die Nase über die Gen Z: faul, nicht belastbar und unzuverlässig. Die Jüngeren wehren sich gegen die Überheblichkeit der Boomer: dominant, übergriffig und besserwisserisch. »Schluss damit!« sagt Irène Kilubi in ihrem Buch "Du bist mehr als eine Zahl" welches im Februar 2024 erscheint.

Sie plädiert für ein generationsübergreifendes Miteinander in Unternehmen und im sozialen Alltag. Dafür hat sie eine Social-Impact-Initiative namens JOINT GENERATIONS gegründet, die die Kommunikation und die Zusammenarbeit zwischen den Generationen nachhaltig verbessern möchte. Ihre These: Passion, Potenzial und Persönlichkeit vor Alter. In ihrem Buch zeigt sie vom Onboarding in Unternehmen bis hin zu altersgemischten Teams, von der Social-Media-Nutzung bis hin zur politischen Umsetzung, wie es konkret funktionieren könnte. 
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FAQ

Wie kann man Ageismus in der Arbeitswelt entgegenwirken?

Um Ageismus zu bekämpfen, ist es entscheidend, dass Jung und Alt auf Augenhöhe kommunizieren und eine vertrauensvolle Atmosphäre schaffen. Regelmäßige Gespräche fördern die Akzeptanz und Wertschätzung zwischen den Altersgruppen. Menschenführung spielt dabei eine Schlüsselrolle, um Brücken zu bauen und gegenseitiges Verständnis zu verbessern. Bei Meinungsverschiedenheiten sind schrittweise Zugeständnisse und Kompromisse erforderlich, und im Bedarfsfall können externe Vermittler hinzugezogen werden. Altersvielfalt sollte als Chance gesehen werden.

Welche Tipps und Methoden gibt es, um Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz zu vermeiden?

Innerbetriebliche Jobwechsel, Tandem-Modelle und Mentoring-Programme fördern den Austausch digitaler Kompetenzen zwischen verschiedenen Altersgruppen. Schulungsangebote, die für alle Altersgruppen relevant sind, steigern das Arbeitsvermögen und bringen frischen Wind in den Berufsalltag. Altersgemischte Gruppen, flexible Arbeitszeiten und individuelle Bedürfnisabstimmungen sind ebenfalls hilfreich. Wichtig ist es, Vorurteile zu erkennen und ein Schubladendenken abzubauen.

Wie kann der Generationenkonflikt am besten überwunden werden?

Der Generationenkonflikt kann durch eine betonte Zusammenarbeit und den Abbau von Vorurteilen überwunden werden. Effiziente und wertschätzende Zusammenarbeit sollte im Mittelpunkt stehen. Mentoring-Programme für alle neuen Mitarbeiter, unabhängig vom Alter, fördern das Einfinden am Arbeitsplatz. Funktionale Zusammenarbeit in Tandem-Arbeit und Team-Projekten mit verschiedenen Generationen erfordert das Anerkennen von Stärken und Berücksichtigen von Schwächen. Es ist wichtig, dass ältere und jüngere Kollegen voneinander lernen und die jeweiligen Potenziale nutzen können.

Über die Autorin

Portrait von Dr. Irène Kilubi

Dr. Irène Kilubi 

Gründerin JOINT GENERATIONS und CEO brandPreneurs & brandFluencers, Speakerin, Moderatorin, Beirätin,
Hochschuldozentin.

Dr. Irène Kilubi ist promovierte Wirtschaftsingenieurin und Unternehmensberaterin und hat für namhafte Unternehmen wie BMW, Deloitte, Siemens und Amazon gearbeitet. Nach vielen beruflichen Stationen folgt sie jetzt ihrer persönlichen Leidenschaft und widmet sich den Themen JOINT GENERATIONS, Community Building und Corporate Influencer Strategie. Darüber hinaus ist sie als Expert Advisor für den European Innovation Council Accelerator der Europäischen Kommission tätig. Dr. Irène Kilubi ist Universitätsdozentin für Digitales Marketing und Entrepreneurship, Beirätin und eine gefragte Keynote Speakerin und Moderatorin auf Konferenzen und Veranstaltungen. Sie ist als Zukunftsmacherin 2023 vom Business Insider ausgezeichnet worden.