Führung im Zeitalter der Buchstaben-Generationen

23.07.2019 | Jasper Dehner 

Führung im Zeitalter der Buchstaben-Generationen
Quelle: fotolia

Führen wird immer komplexer, denn die jungen Generationen und ihre verschiedenen Ansprüche machen es immer schwieriger. Der Spagat von Ansprüchen und Erwartungen könnte nicht größer sein. So könnte man sagen, dass die Generation „X“ und die frühe Generation „Y“ noch stark Karriere orientiert sind.

"Führen wird immer komplexer, denn die jungen Generationen und ihre verschiedenen Ansprüche machen es immer schwieriger. Der Spagat von Ansprüchen und Erwartungen könnte nicht größer sein."

Das bedeutet, sie streben nach „mehr“. Das „mehr“ kann sich unterschiedlich auswirken. Zum Beispiel, dass eine berufliche Karriere bis hin zum Vorstand verfolgt wird oder dass man viel Geld verdienen will. Beide Vertreter dieser leistungsorientierten Gruppe sind bereit, die „Extra Meile zu laufen“, um ihr Ziel zu erreichen. Für sie braucht es einen Führungsstil, der die Mitarbeiter anspornt und ihnen immer wieder aufzeigt, dass sie ihr Ziel erreichen können, wenn sie hart genug arbeiten.

Vergleicht man diese mit der Generation „Ende Y“ und „Anfang Z“, dann merken wir, dass sich sowohl die Einstellung als auch die Arbeitsweise verändert haben. Diese Generation legt auf ganz andere Dinge wert bei der Arbeit. Nehmen wir zum Beispiel eine junge Frau von 24 Jahren. Ihr ist es besonders wichtig, viel freie Zeit zu haben, um sich zu verwirklichen und um das Leben zu genießen. Die ersten werden jetzt vielleicht denken: „Typisch, die jungen Leute! Denken nur ans Vergnügen!“. Ist es aber nicht genau das, was das heutige Leben auch ausmacht? Die vielen Angebote nutzen zu können?!

Die junge Frau ist sich ihrer Position und ihrer Kompetenz genau bewusst. Sie vertritt die Einstellung, dass sie bei der Arbeit jegliche Kompetenz und Arbeitskraft dem Arbeitgeber zukommen lässt. Sie konzentriert sich voll und ganz auf die Projekte und arbeitet diese sehr effizient ab. Im Gegenzug erwartet sie eine faire und menschliche Behandlung, Möglichkeiten, sich zu entwickeln, und die Gelegenheit zum Homeoffice. Sie ist nicht unbedingt bereit, viele Überstunden zu machen. Wenn es dazu kommt, dann möchte sie einen entsprechenden Ausgleich haben.

Ein weiterer Wunsch, den man oft von Vertretern der Genration „Z“ hört ist, dass es ihnen besonders wichtig ist, selbstbestimmt zu sein. Das bedeutet, sie möchten selber Entscheidungen treffen und bestimmen, wie sie ihren Arbeitsalltag gestalten. Diese „Selbstbestimmung“ zu gewähren, fällt älteren Generationen nicht immer leicht. Außerdem ist die Erwartungshaltung gegenüber den Arbeitgebern gewachsen. Damit sind sowohl die Entwicklungsmöglichkeiten gemeint als auch weitere Benefits. Diese wären zum Beispiel ein Job-Rad, eine Jahreskarte für Öffentliche Verkehrsmittel oder die Möglichkeit zu Auslandsaufenthalten.

Work-Life-Blending

Der Begriff Work-Life-Balance hat sich inzwischen hin zu Work-Life-Blending verändert. Das kann zweierlei bedeuten: Die einen wollen die Arbeit mit in ihre Freizeit nehmen. Das bedeutet, dass sie auch mal von zuhause oder vom Urlaub schnell eine E-Mail beantworten oder ein Telefonat führen wollen. Verfechter der zweiten Philosophie hingegen wollen Beruf und Freizeit voll trennen. Sie lassen das Firmenhandy abends in der Firma und nehmen den Laptop auch nicht mit nachhause. Beides macht es für Führungskräfte nicht einfach, wenn ihre jeweiligen Sichtweisen und Werte ganz andere sind.

Was bedeutet das nun konkret für eine Führungskraft?

Um diesen Generationen XYZ als Chef gerecht zu werden, hat man es nicht einfach. Eine Führungskraft erlebt hier, dass sie die ganze Bandbreite an Führungskompetenz braucht. Je nach eigener Generation der Führungskraft wird ihr das eine oder andere leichter oder schwerer fallen. Es braucht vielleicht für den einen oder anderen ganz neue Kompetenzen.

Eine Führungskraft muss immer mehr in der Lage sein, ihre Mitarbeiter zu coachen. Das bedeutet, die Führungskraft benötigt eine Vielfalt von Coaching-Tools für die neue Führungsrolle. Einer Führungskraft, die Coaching-Tools beherrscht, fällt es viel leichter, die eigene Kommunikation an den jeweiligen Mitarbeiter anzupassen. Das hat nichts mit dem verwendeten Slang zu tun, sondern bezieht sich darauf, den Bezugsrahmen und die Werte des jeweiligen Gegenübers zu verstehen und zu würdigen. Führungskräfte müssen sich einstellen auf die Denkweise und Lebenserwartungen der jeweiligen Person bzw. Generation.

"Eine Führungskraft muss immer mehr in der Lage sein, ihre Mitarbeiter zu coachen. Das bedeutet, die Führungskraft benötigt eine Vielfalt von Coaching-Tools für die neue Führungsrolle."

Die Kommunikation ist entscheidend dafür, wie wohl Mitarbeiter sich fühlen und wie produktiv sie in der Folge sind. Ein Modell, das sich sehr gut eignet, solche kommunikativen Fähigkeiten zu entwickeln, sind die „ICH-Zustände“ aus der Transaktionsanalyse. Genauso wichtig ist es auch, eine gute Problemanalyse durchführen zu können. Ein Mitarbeiter nennt als Problem häufig etwas, das „gesellschaftlich anerkannt“ ist oder einem üblichen Muster entspricht. Diese Aussage passt jedoch nicht unbedingt zum eigentlichen Problem oder zur eigentlichen Ursache. Zu oft wird das Problem behandelt, dem der Mitarbeiter einen bekannten Namen gegeben hat. Dann versucht die Führungskraft mit Lösungsstrategien das Problem zu lösen, die an den wahren Ursachen vorbeigehen. Aus diesem Grund ist das Coaching-Tool „Problemanalyse“ so wichtig. Wenn die Führungskraft das eigentliche Problem analysieren kann, dann ist sie in der Lage, eine passende Maßnahme anzubieten.

Eine heutige Führungskraft ist mit noch viel mehr Situationen konfrontiert, in der sie Coaching-Tools dringend als Unterstützung bräuchte. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Führungskräfte immer mehr Fähigkeiten benötigen, um erfolgreich ein Team zu führen – ohne, dass es zu dem bekannten Phänomen „Die Mitarbeiter kommen wegen der Firma und gehen wegen der Führungskraft“ kommt.

Über den Autoren

Foto von Jasper Dehner

Jasper Dehner ist seit 2001 im Familien-Unternehmen Konstanzer Seminare als Coach und Trainer tätig und seit der Gründung der dehner academy GmbH 2015 auch als geschäftsführender Gesellschafter. Seine Schwerpunktthemen sind Entwicklung von Führungs­programmen, Coaching und Vertrieb.