Online Recruiting Studie 2019: Leichter Aufwärtstrend mit Wermutstropfen

23.09.2019 | Kathrin Hennings

Quelle: Wollmilchsau

Zum siebten Mal in Folge hat die Wollmilchsau, das Team hinter der Personalmarketing-Software Jobspreader, die Online Recruiting Studie veröffentlicht. Auch dieses Jahr wurden die Karriere-Webseiten aller börsennotierten deutschen Unternehmen aus DAX, TecDax, M-Dax und S-Dax auf ihre Online Candidate Journey getestet. Diese Erhebung soll den Status Quo des Online Recruitings in Deutschland abbilden und macht mithilfe der Ergebnisse das Optimierungspotenzial im gesamten Online-Recruiting-Prozess sichtbar.

Die Online Candidate Journey umfasst alle Berührungspunkte, die ein Kandidat von der Jobsuche bis zur Bewerbung in einem Unternehmen durchläuft. Dazu zählen Aufmerksamkeit, die Stellenanzeigen, das Bewerbungsformular und letztendlich das Absenden der Bewerbung.

Reichweitenmangel: Lediglich 113 Bewerber-Kontakte im Monat bei den großen DAX-Unternehmen

Um potenzielle Bewerber online auf das Unternehmen aufmerksam zu machen, benötigt es eine gewisse Reichweite und Sichtbarkeit der Karriereseite und Stellenanzeigen in den Tiefen des World Wide Web. Erst dann kann die Candidate Journey überhaupt beginnen. Doch trotz positiver Entwicklung zum Vorjahr, ist die durchschnittliche Anzahl an Aufrufen pro Stellenanzeige selbst bei den börsennotierten Unternehmen immer noch zu niedrig.

Lediglich 113 Bewerber-Kontakte erreicht eine Stellenanzeige laut neuesten Studienergebnissen im Durchschnitt. Der Zentralwert liegt sogar nur bei 78. Der niedrigste in der Studie beobachtete Wert liegt bei 4 Aufrufen pro Monat.

Aus der Reichweiten-Analyse lässt sich ableiten, dass nur 14 von 160 untersuchten Unternehmen monatlich mehr als die für eine Besetzung voraussichtlich notwendigen 300 Kontakte pro Stellenausschreibung erreichen. Das bedeutet also, dass ganze 92% an einem Reichweitenmangel leiden und nicht die Anzahl an Bewerbern mobilisieren, die sie mit einer höheren Reichweite mobilisieren könnten.

Doch selbst wenn der Kandidat bereits den Weg auf die Webseite gefunden hat, ist der Kampf um die Aufmerksamkeit noch lange nicht vorbei. Um den Besucher von der Startseite direkt in den Karrierebereich zu leiten, benötigt es eine sichtbare Platzierung des Links auf der Corporate Page. Erfreulicherweise haben das bereits 96% der DAX-Unternehmen verstanden und sorgen dafür, dass potenzielle Bewerber auf der Startseite nicht lange nach offenen Stellen suchen müssen.

Um von jeder Unterseite der Corporate Page direkt wieder in den Karrierebereich zu gelangen, ist zusätzlich ein eigener Menüpunkt im Header der Seite sinnvoll. Es sind allerdings nur 78% der Unternehmen, die eine prominente Platzierung ins Haupt-Navigationsmenü ihrer Webseite setzen. Die Bedeutung solch eines Header-Links wird immer noch von vielen Firmen unterschätzt, obgleich er insbesondere passiv wechselwillige Kandidaten im richtigen Moment in den Karrierebereich lenken kann.

Quelle: Wollmilchsau

Leichter Aufwärtstrend im Mobile Recruiting

Beim Thema Mobiloptimierung gab es im Vergleich zum Jahr 2018 positive Tendenzen: Ganze 91% der untersuchten Karriereseiten sind mittlerweile vom Handy aus nutzbar. Mit zunehmender Tiefe des Bewerbungsprozesses purzeln allerdings die Prozentzahlen.

Von den untersuchten Jobbörsen sind nur 88% mobiloptimiert und erlauben ein problemloses Scrollen oder Suchen nach Jobmöglichkeiten. Mobil nutzbare Stellenanzeigen können insgesamt 84% der Unternehmen vorweisen. Was im ersten Augenblick gar nicht mal so schlecht klingt, ist in Anbetracht der Tatsache, dass mittlerweile 48% der Karriereseiten-Zugriffe vom Handy aus gestartet werden, jedoch recht mangelhaft.

Ein Grund für den Bruch von Karriereseite auf Jobbörse und von Jobbörse auf Stellenanzeige mag die zunehmende Auslagerung von Jobbörsen sein. Wer Jobs über eine Bewerbermanagement-Software abbildet, verliert die Kontrolle über Darstellung und Layout seiner Stellen. Das ist leichtsinnig, denn gerade auf dem Smartphone ist eine einfache und übersichtliche Navigation für den reibungslosen Bewerbungsprozess unentbehrlich.

Länge des Bewerbungsformulars sorgt für hohe Abbruchquoten

Nicht nur die Mobiloptimierung spielt eine wichtige Rolle im Bewerbungsprozess, auch die Länge eines Bewerbungsformulars entscheidet über den Recruiting-Erfolg. Im Schnitt liegt die Anzahl der Pflichtfelder bei 10. Die zusätzlichen, optionalen Felder wurden hierbei nicht berücksichtigt. Der absolute Spitzenreiter bringt es auf 24 Pflichtfelder. Lange Bewerbungsformulare, die im schlimmsten Fall nicht einmal großzügige Klickflächen und Drop-Down-Menüs zur einfachen Bedienbarkeit anbieten, wirken abschreckend und sorgen für hohe Abbruchquoten bei Bewerbern.

Lässt sich die Zahl der Felder tatsächlich von Seiten des Unternehmens nicht reduzieren, muss das Formular wenigstens optisch sinnvoll unterteilt und der Prozessfortschritt visualisiert werden.

Quelle: Wollmilchsau

Noch schlimmer als ein zu langes Bewerbungsformular ist allerdings das immer noch aktuelle Thema Login-Zwang vor dem Absenden einer Bewerbung. 30% der Unternehmen erwarten auch im Jahr 2019 noch von ihren Kandidaten, dass sie sich einen Account anlegen, um sich anschließend auf eine Stelle bewerben zu können. Das erzwungene Anlegen eines Profils ist nicht nur ein Zeit- und Nervenfresser, sondern in vielen Fällen für Jobinteressenten ein Grund, die Bewerbung abzubrechen.

Fazit der Online Recruiting Studie 2019

Eine schlechte bis mangelhafte Candidate Journey innerhalb der unternehmenseigenen Corporate Page und Karriereseite kann eine schmerzhafte Niederlage im „War for Talents“ bedeuten. Und trotzdem nehmen immer noch viele Arbeitgeber diesen Teil des Personalmarketings nicht ernst oder sind sich ihrer dürftig aufgestellten Karriereseite nicht einmal bewusst. Man darf auch nicht vergessen, dass es sich bei diesen Ergebnissen um die größeren Unternehmen auf dem deutschen Arbeitsmarkt handelt. Wie die Zahlen bei mittelständischen und kleinen Betrieben aussehen, mag man sich gar nicht vorstellen.

Es ist nach wie vor dieser finale und erfolgskritische Schritt, bei dem so viele Unternehmen scheitern. Trotz mobiloptimierter Karriereseiten, Jobbörsen und Stellenanzeigen riskieren DAX-Unternehmen durch ein unnötig kompliziertes Bewerbungsverfahren (mobile) Kandidaten zu verlieren. Latent Wechselwillige werden spätestens bei der Registrierungspflicht und dem langen Bewerbungsformular den Prozess abbrechen.

Alle Ergebnisse der Online Recruiting Studie 2019 kann man sich hier kostenlos downloaden.

Über die Autorin

Kathrin Hennings ist Redakteurin bei der Wollmilchsau GmbH in Hamburg. Im firmeneigenen Blog unter www.wollmilchsau.de/blog/ schreibt sie regelmäßig über ein breites Spektrum aktueller HR-Themen und veröffentlicht Studien sowie Whitepaper zum Thema Personalmarketing. Um Stellenanzeigen und Bewerber schnell und effizient zusammenzubringen, hat das Wollmilchsau-Team den Jobspreader entwickelt – eine Software von Profis für Profis. Der Jobspreader automatisiert zeitraubende Personalmarketing-Prozesse und sorgt für garantierten Bewerber-Rücklauf.

Report kostenfrei downloaden