Die Welt ist glücklicherweise nicht schwarz-weiß: Hybrides Arbeiten als Modell der Zukunft

19.01.2021 | Arne Hosemann

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Covid-19 hat die Art und Weise wie wir arbeiten maßgeblich beeinflusst. Viele Unternehmen waren gezwungen von heute auf morgen in ein remote Setting zu wechseln und stellten nach ein paar anfänglichen Hürden größtenteils fest: es funktioniert. Auch Arbeitnehmer haben Gefallen an diesem Modell gefunden und möchten auf die damit einhergehende Flexibilität zukünftig nicht mehr verzichten. Doch wie wird unsere Arbeitswelt nach der Pandemie aussehen? Welche neu etablierten Strukturen werden langfristig bestehen bleiben? Weshalb wird ein hybrides Arbeitsmodell die Zukunft der Arbeit sein?

Im Kampf um begehrte IT-Talente haben nur die Unternehmen eine Chance, die sich modernen Arbeitsmethoden gegenüber öffnen und bereit sind mit Fachkräften über räumliche Distanz hinweg zusammenzuarbeiten - sei es permanent oder auf Projektbasis mit Selbstständigen. Doch längst sind es nicht mehr nur Selbstständige, die mehr Flexibilität im Arbeitsalltag einfordern. Die Corona-Krise und die dadurch einhergehenden Änderungen in unserer Arbeitsweise haben gezeigt, dass remote work funktioniert. Auch bei festangestellten Arbeitnehmern - unabhängig von der jeweiligen Berufsbranche - werden die Forderungen nach flexiblen Arbeitsmodellen lauter. Unternehmen sollten darauf entsprechend reagieren, um sich gegenüber Mitarbeitern und Bewerbern langfristig als attraktive Arbeitgeber zu positionieren.
 

Wie kann ein hybrides Arbeitsmodell aussehen?

Der Begriff “remote work” wird oftmals fälschlicherweise mit dem Begriff “Home Office” gleichgesetzt. Dabei bedeutet remote work nicht zwangsweise die Arbeit von zu Hause, sondern die Arbeit aus der Ferne. Der remote Arbeitsplatz kann dabei ein Co-Working Space, ein Café oder der Schreibtisch in den eigenen vier Wänden sein. Ein hybrides Arbeitsmodell verbindet die Möglichkeiten der remote Arbeit mit der Option einer physischen Anlaufstelle - des Büros. Die Büroräumlichkeiten gibt es weiterhin, doch verändert sich dieser Ort in seiner Funktion und fungiert nicht mehr als Hauptarbeitsplatz, sondern eher als Hub und Treffpunkt für das global verstreute Team. Physische Meetings, der persönliche und kreative Austausch und Teambuilding stehen im Mittelpunkt des neuen Bürokonzeptes. Mitarbeiter können selbst wählen, ob und wie häufig sie an diesem Ort zusammenkommen.

Quelle: Expertlead

Für uns bei expertlead war die standardmäßige Einführung eines hybriden Arbeitsmodells ein logischer Schritt. Unser Tech-Team ist schon seit Jahren ein remote Team und wurde zum Beispiel von Entwicklern aus den Philippinen, Brasilien oder dem Iran unterstützt. Für unsere Mitarbeiter aus Berlin war Home Office ein fester Bestandteil der Arbeitswoche, sofern sie es wollten. Die Fähigkeiten der Mitarbeiter waren für uns immer entscheidender als die Tatsache, an welchem Ort sie ihre Arbeit verrichten. Wir plädieren deshalb schon lange für ein Umdenken auf dem deutschen Arbeitsmarkt und die Implementierung moderner, flexibler Arbeitsmethoden.

Mit Aufkommen der Pandemie musste auch unsere Firma von einem auf den anderen Tag in ein remote Setting wechseln. Für uns als Tech-Firma war dies vergleichsweise einfach umzusetzen. Trotzdem war es für einige unserer Mitarbeiter und auch für uns als Geschäftsführer zunächst eine Umstellung mit dem gesamten Team nur noch remote zusammenarbeiten zu können. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase haben wir aber das beobachtet, was wir schon vorher im Tech-Team beobachten konnten: es funktioniert. Die Produktivität hat in keinster Weise darunter gelitten. Im Gegenteil: Wir haben festgestellt, dass die Produktivität sogar gestiegen ist. Dies ist uns vor allem deshalb gelungen, weil wir bisher existierende Arbeitsabläufe angepasst haben: Jeder einzelne Mitarbeiter definiert klar seine Arbeitspakete und schreibt diese nieder (Cloud), Arbeitsfortschritte sind für das gesamte Team einsehbar und werden häufiger getrackt, eine angepasste Meetingkultur garantiert regelmäßige und effiziente Kommunikation. Auch die Tatsache, dass der Arbeitsweg entfällt, kann den Mitarbeitern Stress ersparen und zu einer gesteigerten Produktivität führen.    

Wir implementieren dieses Modell jetzt ganzheitlich und teamübergreifend in die Unternehmenskultur und geben jedem Mitarbeiter die Möglichkeit, seinen Arbeitsort selbst zu wählen.

Quelle: expertlead

Wir sind überzeugt, dass ein hybrides Arbeitsmodell die Attraktivität eines Arbeitgebers in den Augen von Mitarbeitern und Bewerbern in Zukunft entscheidend beeinflussen wird. Dabei bringt es für beide Seiten viele Vorteile mit sich:

  • Für Mitarbeiter mehr Flexibilität, Komfort und bessere Voraussetzungen in einem internationalen, diversen Team arbeiten zu können.
  • Arbeitgeber können sich im Gegenzug über erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit, einen schnelleren Zugriff auf einen größeren, globalen Pool an Talenten, sowie über reduzierte Fixkosten für Bürofläche freuen.

Einige unserer Mitarbeiter haben bereits ihren Arbeitsort dauerhaft zurück in die Heimat verlegt und arbeiten nun aus Indien, Russland, den Niederlanden und der Schweiz. Es sind Werte wie Vertrauen, Freiheit und Flexibilität, die Unternehmen insbesondere jungen Arbeitnehmern bieten müssen, um diese anzuziehen und langfristig an sich binden zu können.

Natürlich gibt es bei diesem Arbeitsmodell auch einige Herausforderungen:

  • Mitarbeiter müssen mit der entsprechenden Technik ausgestattet sein, um problemlos remote zu arbeiten.
  • Es muss eine Teamkultur geschaffen werden, bei der sich Mitarbeiter, die remote arbeiten, und Mitarbeiter, die vor Ort im Büro sind, sich als ein Team verstehen.
  • Kommunikation und teamübergreifende Zusammenarbeit müssen reibungslos funktionieren, und es gilt darauf zu achten, eine Isolation einzelner Mitarbeiter zu verhindern.
  • Gleichzeitig müssen Arbeitspakete und -fortschritt noch erheblich detaillierter definiert, getrackt, und in der gesamten Firma sichtbar gemacht werden, um die Produktivität hoch zu halten.

Die komplette Aufgabe des Büros kam für uns nicht in Frage.

Für uns steht es außer Frage, dass wir unser Büro weiterhin als Anlaufstelle und Homebase erhalten. Schließlich finden manche Mitarbeiter zu Hause nicht die Voraussetzungen vor, um regelmäßig von zu Hause arbeiten zu können. Andere wiederum möchten gerne in ein Büro gehen, um das Privatleben von dem Beruf klarer trennen zu können oder weil sie gerade aus den physischen Treffen mit Kollegen Motivation und Energie ziehen. Jeder Mitarbeiter kann sich deshalb - sobald es die Umstände der Pandemie wieder zulassen - über ein Buchungssystem einen Arbeitsplatz in unserem Berliner Büro buchen. Feste Arbeitsplätze gibt es nicht mehr. 

Die Welt ist nicht schwarz-weiß und wir glauben fest daran, dass die gleichberechtigte Mischung aus remote Möglichkeiten und einer physischen Anlaufstelle die Zukunft der Arbeit sein wird.

Über den Autor

Arne Hosemann ist Gründer und Geschäfts­führer von expertlead. expertlead ist eine HR Tech Company, die Unternehmen dabei hilft, die besten Tech-Experten zu finden, tech­nisch zu bewerten und einzustellen.

Vor seiner Zeit als Geschäftsführer bei expertlead schloss er erfolgreich sein Stu­dium an der Stockholm School of Economics und der Universität Mannheim ab und begann eine Karriere als Unternehmensberater bei Bain & Company. Dort arbeitete er primär an digitalen Strategie- und Private Equity- Projekten in Europa.