Was sich HR von Influencern abschauen sollte
Constantin Härthe | 26.10.2023 | 7 Minuten Lesezeit
Das Wichtigste in Kürze
Der Artikel betont die Digitalisierung als Kommunikationsrevolution und rät, von Influencern in sozialen Medien zu lernen. Dabei werden neun Schlüsselaspekte für erfolgreiche Influencer-Kommunikation, darunter Authentizität und visuelle Kommunikation, vorgestellt. Besonderes Augenmerk liegt auf der Förderung einer offenen Dialogkultur in der HR-Kommunikation, um Mitarbeiter besser zu erreichen und binden. Es wird betont, dass ein individueller Mix, der zur Unternehmenskultur und Zielgruppe passt, entscheidend ist, und die Bereitschaft, konventionelle Denkmuster zu überwinden, als wichtige Faktoren für erfolgreiche HR-Kommunikation hervorgehoben.
Die Digitalisierung hat uns alle zu Senderinnen und Sendern gemacht. Diese Entwicklung macht auch vor der internen Kommunikation in Unternehmen nicht Halt. Um Mitarbeitende zu erreichen und ihre Employee Experience mit informativen, interaktiven Kommunikationsangeboten zu verbessern, bietet es sich deshalb an, sich in der Kommunikation für HR mit erfolgreicher Onlinekommunikation zu beschäftigen, wie sie von Influencern praktiziert wird.
Warum HR-Kommunikation von Influencern lernen kann
Influencer – also Menschen, die es geschafft haben, sich in Social Media eine große Reichweite in Form von Followern aufzubauen – sind in nahezu allen Themenbereichen zu finden und gehören heute fest zur öffentlichen Kommunikationsarena. Die Mechanismen, die sie anwenden, bieten auch in der internen Kommunikation für HR große Chancen: Sie können dabei helfen, Mitarbeitende besser zu erreichen, zu binden und sie in Form von attraktiven, interaktiven Gesprächs- und Informationsangeboten mitzunehmen und einzubeziehen. Dies ist in Zeiten stetiger Transformation wichtiger denn je. Die folgenden neun Aspekte, die für erfolgreiche Influencer-Kommunikation essentiell sind, sollen hierzu als Inspiration dienen:
1. Authentizität
Influencer sind authentisch und nahbar. Viele von ihnen haben sich durch eigenes, intrinsisches Interesse mit einem Thema beschäftigt, darüber berichtet und sich mit Anderen dazu ausgetauscht. Oft war dabei die Leidenschaft stärker als der qualitative Anspruch. Hat sich dies mittlerweile auch stark professionalisiert, sollte man sich dennoch bewusst machen: Wenn die Leidenschaft nicht spürbar ist, hilft auch keine Hochglanzoptik – sie kann sogar für mehr Distanz sorgen, als wenn eine themenverantwortliche Person ein selbstgedrehtes Video im Social Intranet teilt.
2. Persönlichkeit
So banal wie genial ist auch die Verknüpfung von Persönlichkeiten und konkreten Themen. Dies funktioniert auch in Unternehmen, wo es ja ohnehin Themenverantwortliche bzw. Topic oder Product Owner gibt. Ob diese sich auch kommunikativ und (unternehmens-) öffentlich exponieren wollen sowie ihre hoffentlich vorhandene Leidenschaft in Worte fassen können, steht auf einem anderen Blatt – aber die Voraussetzungen für persönliche Kommunikation sind gegeben.
Authentische, persönliche Kommunikation bedeutet zudem, etwas über sich oder andere Menschen preiszugeben. Es gilt Themen durch persönliche Erfahrungen, Meinungen und Einblicke erlebbar zu machen: Warum ist man von einer Idee überzeugt? Was bedeutet die Unternehmensstrategie für einen ganz persönlich? Inwiefern ist deshalb ein neuer oder veränderter Prozess auch für einen selbst wichtig? Brechen Sie das große Ganze auf die individuelle Ebene herunter. Und wenn die themenverantwortliche Person nicht die Richtige für die Kommunikation ist, dann braucht es eben konkrete persönliche Beispiele aus der Mitarbeiterschaft.
3. Niedrigschwelliger Zugang
Die Inhalte von Influencern sind meist einfach zugänglich: Wer in einem Netzwerk aktiv ist, und ihren Namen kennt, kann ihnen meist kostenfrei folgen. Mag dieser rein technisch-infrastrukturelle Blick selbstverständlich klingen, ist dies nicht unbedingt der Fall, wenn man auf Unternehmenskommunikation blickt. Denn hier gilt es auch, den Blue Collar-Bereich, also Deskless Worker in der Produktion, zu erreichen. Hier muss es einfach zu erreichende Zugänge geben, beispielsweise über das Smartphone.
Niedrigschwelligkeit erreicht man aber auch durch ansprechend aufbereitete Inhalte. Wer hier absenderorientiert Wert darauf legt, als besonders kluger Experte im Unternehmen wahrgenommen zu werden, verspielt Attraktivität und Aufmerksamkeit. Hier braucht es eher Mut zur Einfachheit. Man kann ernsten Themen beispielsweise auch mit überraschender Flapsigkeit, mit Humor oder einer Überschrift im Bild-Zeitungs-Stil eine Bühne bereiten. Außerdem gilt überall in der Kommunikation: Es ist schwerer, sich kompakt und einfach auszudrücken als kompliziert im Fachjargon sein Publikum zu vergraulen. Wer also wirklich wahrgenommen werden will, sollte auf einen einfachen und attraktiven Zugang Wert legen – bei der technischen Voraussetzung ebenso wie inhaltlich.
4. Channel-Fokus
Apropos technische Voraussetzung: Instagrammer, YouTuber, TikToker oder LinkedIn Top Voices – die meisten Influencer haben sich beim Aufbau einer Community auf einen Channel fokussiert und haben nicht versucht, überall gleichzeitig erfolgreich zu sein. Was das für HR-Kommunikation heißt? Meist kann die gesamte Mitarbeiterschaft nicht über einen Kanal erreicht werden, weshalb der Channel-Fokus nicht bedeuten kann, sich nur auf eine Verbreitungsform zu konzentrieren, wenn man dadurch bedeutende Teile der Mitarbeiterschaft nicht erreicht.
Vielmehr braucht es eine Strategie, die die Frage aller Fragen in Marketing & Kommunikation beantwortet: Welche Zielgruppe erreiche mit was wo und auf welche Weise? Hier kann die Antwort sicher nicht sein: Wir machen überall alles. Deshalb ist der Channel-Fokus – trotz der Herausforderung, eine potenziell hoch diverse Belegschaft über unterschiedliche Wege erreichen zu müssen – dennoch ein wichtiger Aspekt. Es braucht eine clevere Schwerpunktsetzung.
5. Visuelle Kommunikation
Ebenso in den Bereich des einfachen Zugangs zählt die visuelle Kommunikation. Influencer nutzen oft Bilder und Videos, um ihre Botschaften zu vermitteln. HR-Abteilungen können diesen Ansatz übernehmen, um die Kommunikation aufzulockern und im wahrsten Wortsinn anschaulicher zu machen. Statt trockener Texte können Unternehmen beispielsweise Videos verwenden, um Mitarbeitergeschichten zu erzählen, Einblicke in den Arbeitsalltag zu gewähren oder wichtige Unternehmensnachrichten zu präsentieren. Ein knalliges Bild kann auch vermeintlich schwererer Kost mal ein geeignetes Entree bieten. Generell gilt: Visuelle Inhalte sind oft ansprechender und können besser Emotionen transportieren.
6. Interaktion und Dialog
Influencer sind bekannt für ihre Fähigkeit, mit ihren Followern in den sozialen Medien in Kontakt zu treten. Dies resultiert auch aus der in Punkt 1 genannten authentischen Eigenmotivation: Vielen ging und geht es gerade am Anfang nicht nur darum, eigene Inhalte loszuwerden, sondern darum, sich auszutauschen und Gleichgesinnte zu finden. Interaktive Kommunikation muss damit als Selbstverständlichkeit gelten und nicht als schwere Bürde – auch wenn es am Ende natürlich Arbeit bedeutet. Denn Influencer reagieren scheinbar mit Leichtigkeit auf Kommentare, stellen Fragen und beziehen ihre Community in Diskussionen ein. Sie richten ihre Kommunikation auf die Interessen der Follower aus und beteiligen sie.
HR-Abteilungen sollten ebenfalls Interaktion fördern. Das bedeutet nicht nur, Informationen zu teilen, sondern auch zuzuhören und auf Feedback und Fragen der Mitarbeitenden einzugehen. Eine offene Dialogkultur kann dazu beitragen, das Engagement der Mitarbeiter zu steigern und deren Bedenken ernst zu nehmen. Und das gilt nicht nur für die Onlinekommunikation – sonst würde man sich als Arbeitgeber unglaubwürdig machen. Es braucht auch analog Orte und Events der Begegnung und der offenen Diskussionskultur zum Beispiel in Form von agilen Workshops – diese können dann wiederum hervorragend als sprudelnde Quellen für die Content-Produktion genutzt werden.
7. Multiplikatoren einbinden
Eigentlich ein Bestandteil der interaktiven Kommunikation, ist die Einbeziehung von Multiplikatoren jedoch für das Erzielen von Reichweite so bedeutend, dass es einen eigenen Aspekt wert ist. Denn die wenigsten Influencer haben sich alleine durch gute Inhalte und den Austausch mit einzelnen Nutzerinnen und Nutzern ihre Reichweite aufgebaut. Oft haben sie auch mit Usern interagiert, die selbst bereits eine große Reichweite hatten: anderen Influencern also. Wer mit diesen auf Social Media interagiert – mit diesen also diskutiert, diese kommentiert, liket, teilt oder sogar gemeinsam mit ihnen Inhalte produziert, profitiert auch von deren bereits vorhandener Reichweite. Wenn dies auf authentische Weise geschieht, kann die gewünschte Zielgruppe auch ohne eigene Reichweite erreicht werden, ohne dabei anbiedernd zu wirken.
Dies kann sich auch HR in der digitalen und analogen Kommunikation zunutze machen. Wer genießt in den zu erreichenden Zielgruppen innerhalb des Unternehmens besondere Aufmerksamkeit? Ist es der CEO, eine Führungskraft oder eine themenverantwortliche Person? Oder ist es einfach ein betroffener Kollege oder Kollegin, der/die allerdings in der Mitarbeiterschaft eine hohe Glaubwürdigkeit und Sichtbarkeit genießt? Wer es auch sein mag: Sie sollten mit dieser Person ins Gespräch gehen, gemeinsam Inhalte generieren und ihre Meinung oder Erfahrung zu einem Thema einholen.
8. Storytelling
Influencer sind oft Meister des Storytellings. Sie erzählen Geschichten, die fesseln und Emotionen wecken. HR-Kommunikation kann von dieser Kunst des Geschichtenerzählens profitieren, um die Unternehmenskultur, Werte und Erfolge zum Leben zu erwecken. Mitarbeitergeschichten, Erfolgsbeispiele und Anekdoten können dazu beitragen, die Unternehmensidentität zu stärken und Mitarbeiter zu motivieren. Sorgen Sie dafür, dass Kernaspekte der Unternehmens- und somit auch der People-Strategie im Sinne einer Netflix-Serie in vielen unterschiedlichen Teil-Geschichten erzählt werden, die verschiedene Blickwinkel beleuchten. Entsprechende Formatierungen können Ihnen dabei helfen: „Eine Reise durch das Unternehmen“, „Diversity in der Praxis“, „Transformation im Alltag“, „Deine Meinung zu…“ – alleine diese nicht besonders kreativen Labels helfen, sich verschiedene Geschichten zu einem Thema in unterschiedlichen Kontexten und an unterschiedlichen Standorten etc. vorzustellen. Und denken Sie diese mehrteilig. So können Sie ggf. auch Cliffhanger in die Stories einbauen, die Lust auf den nächsten Teil machen.
9. Regelmäßigkeit, Service und Mehrwert
Zu guter Letzt basiert Influencer-Kommunikation meist auf zwei grundlegenden Prinzipien: Serviceorientierung und Regelmäßigkeit. Serviceorientierung bedeutet, dass Influencer Inhalte und Empfehlungen liefern, die einen Mehrwert für ihre Zielgruppe bieten. Sie agieren quasi als Dienstleister, indem sie Produkte oder Informationen präsentieren, die den Bedürfnissen und Interessen ihren Follower entsprechen. Dies stärkt das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit des Influencers, da sie als verlässliche Informationsquelle wahrgenommen werden.
Regelmäßigkeit spielt dabei eine ebenso entscheidende Rolle, da konsistente Interaktionen und Aktualisierungen den Aufbau einer loyalen Community fördern. Influencer, der regelmäßig hochwertige Content liefern, bleiben im Gedächtnis ihrer Anhänger und schaffen eine langfristige Bindung. Influencer-Kommunikation beruht also darauf, echten Mehrwert zu bieten und eine kontinuierliche Beziehung zu ihrer Zielgruppe aufzubauen. Das muss auch Ziel von HR-Kommunikation sein und sie hat dafür beste Voraussetzungen, Denn HR beschäftigt sich mit Themen, die Mitarbeitende ganz konkret angehen: Wie kann ich mich weiterentwickeln? Wie bereite ich mich auf das Jahresgespräch vor? Wo geht die Transformationsreise hin und was bedeutet das für mich? Fragen wie diese sind teils existentiell und interessieren Mitarbeitende sehr.
Für gute Kommunikation, die ankommt, braucht es Mut
Insgesamt gibt es also viele Aspekte, die sich die Kommunikation im Bereich People & Culture im Unternehmen von Influencern abschauen kann. Die hier Vorgestellten sind nur ein Teil davon – wenn auch ein wesentlicher Teil. Sie verdeutlichen: HR-Kommunikation muss sich mitunter trauen, unkonventionell zu denken und mutig zu sein. Dabei geht es gar nicht darum, jeden der hier vorgestellten Regler bis zum Anschlag aufzudrehen. Vielmehr braucht es einen klugen, individuellen Mix, der zur Unternehmenskultur, der Botschaft, dem Absender und dem Adressaten passt. Und diesen bekommen Sie nicht alleine, indem Sie mit dem Personalmanagement und der Geschäftsführung lange Analysen fahren. Sie sollten dabei vor allem Punkt 5 berücksichtigen und ihre Mitarbeitenden einfach fragen, was sie in welcher Form rezipieren wollen. Und Sie werden sehen: Am Ende macht diese neue Art der Unternehmens- und HR-Kommunikation allen Beteiligten mehr Spaß.
FAQS
1. Warum wird behauptet, dass die Digitalisierung uns alle zu Sendern und Senderinnen gemacht hat?
Die Digitalisierung hat die Art und Weise, wie wir Informationen teilen und kommunizieren, dramatisch verändert. Wir alle können nun Inhalte erstellen und mit anderen teilen, was uns zu Sendern und Senderinnen macht.
2. Warum ist es wichtig, dass HR von Influencern lernen sollte?
Influencer haben erfolgreich Methoden zur Kommunikation in sozialen Medien entwickelt, die auch in der internen HR-Kommunikation genutzt werden können, um Mitarbeitende besser zu erreichen und zu binden.
3. Welche Schlüsselaspekte werden als Inspiration für erfolgreiche Influencer-Kommunikation genannt?
Es werden neun Schlüsselaspekte genannt, darunter Authentizität, Persönlichkeit, niedrigschwelliger Zugang, visuelle Kommunikation, Interaktion und Dialog, Einbeziehung von Multiplikatoren, Storytelling sowie Regelmäßigkeit, Service und Mehrwert.
4. Warum ist visuelle Kommunikation wichtig, und wie kann sie in HR-Kommunikation eingesetzt werden?
Visuelle Kommunikation, wie die Verwendung von Bildern und Videos, kann die HR-Kommunikation auflockern und Inhalte anschaulicher machen. Dies kann dazu beitragen, Mitarbeitergeschichten zu erzählen, Einblicke in den Arbeitsalltag zu gewähren und wichtige Unternehmensnachrichten zu präsentieren.
5. Welche Bedeutung hat Regelmäßigkeit in der HR-Kommunikation?
Regelmäßige Interaktionen und Aktualisierungen sind entscheidend, um eine loyale Community aufzubauen und das Vertrauen der Mitarbeitenden zu stärken. Regelmäßige Kommunikation schafft eine langfristige Bindung und fördert das Engagement der Mitarbeiter.