Wie fünf einfache Fragen dein Team motivieren, produktiver machen und Kündigungen senken
06.06.2025 | Rebekka Ilgner

Als ich vor ein paar Jahren in einem Workshop saß, passierte etwas, das mir bis heute im Gedächtnis geblieben ist. Eine erfahrene Teamleiterin, gut 20 Jahre im Job, erzählte von einem Mitarbeiter, der plötzlich kaum noch ansprechbar war. Früher motiviert und engagiert, jetzt eher still, manchmal fast abwesend. "Ich hab alles versucht", sagte sie. "Feedbackgespräche, Zielvereinbarungen, sogar Incentives. Nichts hat sich verändert."
Ich stellte ihr damals eine einfache Frage: "Hast du ihn mal gefragt, was ihn eigentlich motiviert?" Sie schwieg. Und dann sagte sie: "Nein. Ich glaube, ich habe es nie wirklich wissen wollen."
Dieser Moment war der Auslöser für eine neue Art des Denkens in ihrem Führungsstil – und genau hier beginnt auch dieser Artikel: bei der Kraft guter Fragen.
Viele glauben, empathische Führung sei eine Frage der Persönlichkeit oder jahrelangen Erfahrung. Die Wahrheit ist: Du kannst sofort damit anfangen. Alles, was es braucht, ist deine Bereitschaft zuzuhören – und die richtigen Fragen zu stellen.
Denn Fragen sind wie Türen. Stellst du die richtigen, öffnen sich Welten: Du entdeckst Stärken und Potenziale, erkennst Spannungen und Konflikte, entwickelst Menschen – und baust eine Führungskultur auf, die als starkes Fundament jede Krise übersteht.
Hier findest du fünf kraftvolle Fragen aus meiner Arbeit als Führungskräfteentwicklerin – und was sie in deinem Führungsalltag bewirken können.
1. "Was motiviert dich am meisten an deiner Arbeit?"
Ich erinnere mich an ein Teammeeting, in dem eine Kollegin diese Frage gestellt bekam und einfach nur sagte: "Wenn ich das Gefühl habe, dass ich gebraucht werde." Keine große Vision, kein Karriereziel. Einfach: gebraucht werden.
Diese Frage klingt simpel – ist aber ein strategisches Führungsinstrument, mit dem du tiefe Einblicke in die Bedürfnisse deiner Mitarbeitenden bekommst. Sie zeigt dir, was sie antreibt, welche Aufgaben Energie geben und wann sie sich lebendig fühlen.
Wenn du das weißt, kannst du Aufgaben gezielter verteilen, Talente sinnvoll einsetzen – und vor allem verhindern, dass gute Leute innerlich kündigen. Du schaffst eine Arbeitswelt, in der Leistung nicht gefordert, sondern entfaltet wird.
2. "Was frustriert dich manchmal bei uns im Team?"
Diese Frage braucht Mut. Sie ist keine "Wie geht's dir?"-Floskel. Sie ist ein echtes Angebot.
Ich erinnere mich an einen Teamworkshop in einem mittelständischen Unternehmen. Auf die Frage schwieg eine Mitarbeiterin zuerst. Sie wollte und konnte es in „großer Runde“ nicht aussprechen. Später im Gespräch gestand sie ihrer Führungskraft und mir, dass sie sich oft übersehen fühlt.
Mit dieser Frage gibst du deinem Team die Erlaubnis, ehrlich zu sein. Du öffnest einen Raum für Dinge, die sonst nur in der Kaffeeküche ausgesprochen werden – oder gar nicht. Du bekommst Frühwarnzeichen für Konflikte, erkennst strukturelle Schwächen und zeigst, dass du auch das Unangenehme hören willst. Das schafft Vertrauen.
Im Fall der Mitarbeiterin war die Lösung einfach. Die Führungskraft fragte in den nächsten Teammeetings aktiv nach Ihrer Sichtweise und Ideen. Die Mitarbeiterin fing an aufzublühen. Irgendwann musste niemand mehr aktiv nachfragen. Sie brachte sich selbst ein, weil sie das Selbstbewusstsein gewonnen hatte und sich gesehen und wertgeschätzt fühlte.
3. "Woran merkst du, dass deine Arbeit geschätzt wird?"
Diese Frage überrascht oft. Viele haben so etwas noch nie gehört. Aber sie bringt Klarheit über ein zentrales Thema: Anerkennung.
Nicht jeder reagiert auf ein "Gut gemacht!" gleich. Manche brauchen eine Bühne, andere ein ruhiges "Danke" unter vier Augen. Einer will Lob vom Chef, die andere möchte, dass man ihre Idee umsetzt. Und ja, es gibt auch die, die gerne eine Bonuszahlung haben möchten.
Wenn du weißt, wie deine Mitarbeitenden Wertschätzung wahrnehmen, kannst du sie gezielt einsetzen – und baust eine Kultur auf, in der Menschen sich gesehen und gewürdigt fühlen.
4. "Wie kann ich dich als Führungskraft am besten unterstützen?"
Diese Frage zeigt deine Größe. Denn sie macht dich nicht kleiner, sondern menschlicher.
Führung ist Dienstleistung. Wenn du fragst, wie du deinem Team den Rücken stärken kannst, verschiebst du die Perspektive: Weg von Kontrolle, hin zu Begleitung. Du erfährst, wo du vielleicht blockierst, ohne es zu merken. Und du ermöglichst deinen Leuten, Dinge auszuprobieren, Fehler zu machen, zu wachsen.
Ich kenne Teams, die nur durch diese eine Frage auf ein neues Level gekommen sind. Weil sie Vertrauen gespürt haben. Und weil sie wussten: Da ist jemand, der nicht alles besser weiß, sondern ehrlich fragt, wie er helfen kann.
5. "Was ist für dich ein richtig guter Arbeitstag?"
Diese Frage geht tief. Sie fragt nicht nach To-Dos oder Zielerreichung. Sie fragt nach Sinn.
Du erfährst, was deinen Leuten wirklich wichtig ist: Wann sie zufrieden nach Hause gehen. Was ihnen Energie gibt. Welche Erlebnisse sie prägen.
Vielleicht ist es ein gelungenes Kundengespräch. Vielleicht die Lösung für ein kniffliges Problem. Vielleicht einfach ein wertschätzendes Gespräch im Team.
Wenn du das weißt, kannst du Rollen und Prozesse besser gestalten, Zusammenarbeit bewusster strukturieren – und eine Kultur schaffen, in der Arbeit mehr ist als ein Ort, an dem man Aufgaben erfüllt.
Fazit: Gute Führung beginnt mit echten Gesprächen
Du musst kein Coach sein, um empathisch zu führen. Aber du musst bereit sein zuzuhören. Und das beginnt mit kleinen, ehrlichen Fragen.
Die Kraft empathischer Führung liegt nicht in großen Reden oder Visionen. Sie liegt in den Momenten, in denen du dich traust, zu fragen: "Wie geht es dir wirklich?" Und zuzuhören. Ohne sofort zu bewerten oder zu lösen.
Denn dort, wo Menschen sich gesehen fühlen, entsteht Loyalität. Dort, wo sie sich ausdrücken dürfen, entsteht Kreativität. Und dort, wo sie mitgestalten können, entsteht Verantwortung.
Falls du empathische Führung einfach ausprobieren möchtest, ohne einen umfangreichen Workshop zu besuchen, dann kannst du dir hier meine 10 kraftvollen Fragen für empathische Führung herunterladen.
Über den Autor

Rebekka Ilgner
Rebekka Ilgner begleitet Unternehmen und Führungskräfte auf Ihrem Weg zu einer inspirierenden Führungskultur. Mit ihrem Fokus auf Leichtigkeit, Mut, Struktur und Psychologie gestaltet sie Arbeitswelten, die nachhaltig begeistern und motivieren. Rebekkas Ansatz basiert auf ihrer Devise "Love it, change it or leave it" , die sich in ihrem mutigen Handeln und ihren entschlossenen Entscheidungen widerspiegelt. Mit einer breiten Palette an Aus- und Weiterbildungen in Bereichen wie Psychologie, Coaching, Leadership und mehr bringt sie ein umfassendes Wissen ein, das sie als Speakerin und Beraterin nutzt.