Recrutainment: Wer sagt eigentlich, dass Bewerbungen keinen Spaß machen (dürfen)?

12.08.2019 | Sven Schäfer

Frau schaut lächelnd in die Kamera
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Für Recruiter und Personalchefs gehören bekanntlich sowohl die normalen Bewerbungsgespräche als auch die Personalbeschaffung im Allgemeinen zum Daily Business. Und wer tagein, tagaus damit zu tun hat, der weiß nur allzu gut, dass diese Arbeit manchmal recht langweilig und eintönig sein kann. Doch was wäre, wenn man auf spielerische Art und Weise neues Personal finden könnte? Und passt das überhaupt zusammen: effizientes und gleichzeitig unterhaltsames HR-Management für Personaler und Bewerber? Die Antwort auf diese Fragen liefert ein relativ neuartiges Element des Personalmanagements: das sogenannte Recrutainment.

Jeder Personaler wird das folgende Szenario vermutlich in- und auswendig kennen: Nach der Vorauswahl der potenziell passenden Kandidaten werden die Einladungen an die verbleibenden Bewerber rausgeschickt. Danach folgen die persönlichen Gespräche, die in den meisten Fällen nach Schema F ablaufen und sich häufig an einem zuvor festgelegten Fragenkatalog orientieren. Dieses Standardprozedere bringt zwar in den meisten Fällen die gewünschten Erkenntnisse, doch ist der Ablauf weder für den Bewerber noch für den Recruiter selbst unterhaltsam oder gar spaßig.

Und genau hier kommt das spielerisch-simultative Element des Recrutainments ins Spiel – und zwar nicht nur im Bereich der Personalbeschaffung, sondern ebenso bei der Berufsorientierung, dem modernen Personalmarketing und auch in Bezug auf die Arbeitgebermarkenbildung (auch Employer Branding genannt). Aber wie funktioniert das Recrutainment eigentlich genau? Wie läuft das Ganze ab – und was bedeutet diese Art des Bewerbermanagements für den Personaler und seine bisherige Arbeitsweise?

Zeichnung einer Glühbirne
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Recrutainment – was ist das eigentlich genau?

Die Bewerbung macht einen guten Eindruck und der Lebenslauf passt nahezu perfekt zu der ausgeschriebenen Stelle – einer Einladung zu einem persönlichen Gespräch steht also nichts mehr im Wege. Allerdings wird dieses Gespräch heute etwas anders ablaufen. Statt der „klassischen“ und häufig eher trockenen Frage-Antwort-Runde steht jetzt die Unterhaltung im Vordergrund oder besser gesagt: das Entertainment. Dabei geht es für den Recruiter in der Hauptsache darum, dem Bewerber das eigene Unternehmen und die Arbeitgebermarke auf spielerische Art und Weise zu präsentieren und gleichzeitig die Vorzüge gegenüber der Konkurrenz hervorzuheben. Das alles läuft in einer sehr lockeren und entspannten Atmosphäre ab, in der sich alle Beteiligten wohlfühlen.

"Statt der „klassischen“ und häufig eher trockenen Frage-Antwort-Runde steht jetzt die Unterhaltung im Vordergrund oder besser gesagt: das Entertainment."

Darüber hinaus umfasst das Recrutainment auch verschiedene Assessment-Verfahren, wie zum Beispiel diverse (Selbst-)Tests, Berufsorientierungsspiele sowie unterschiedliche interaktive Elemente während des gesamten Auswahlverfahrens. Der Human Resources Manager schlüpft dabei in gewisser Hinsicht in die Rolle eines Entertainers, der den Bewerber nicht nur testet, sondern zugleich auch auf informative Art und Weise unterhält. Das Prinzip des Recrutainments funktioniert außerdem auch online, beispielsweise bei der Gestaltung von Online-Assessments und sonstigen internetgestützten Simulations- und Testverfahren, die praktischerweise gleichzeitig auch als Employer Branding-Instrument verwendet werden können. Diese neuartige und innovative Form der Potenzialanalyse sorgt – im Gegensatz zu den althergebrachten und trockenen Testverfahren – zudem für eine deutlich höhere Bewerberakzeptanz.

Spielerisches und zielgruppenspezifisches Bewerbermanagement

In der heutigen Zeit müssen sich nicht nur die Bewerber, sondern auch die Unternehmen selbst von ihrer besten Seite zeigen – und sich dabei im Optimalfall auf Augenhöhe begegnen. Dazu eignen sich besonders die verschiedenen Recrutainment-Werkzeuge, da der Personalentscheider den Bewerber dadurch auf einer viel persönlicheren Ebene kennenlernen kann. Zu den beliebtesten Mitteln gehören vor allem kleine Online-Games (oder auch Berufsorientierungsspiele, wie das Wirtschaftsportal München zeigt), mit denen die Bewerber spielerisch das Unternehmen kennenlernen und dem HR-Manager gleichzeitig zeigen können, was sie draufhaben. Diese Form des modernen Auswahlverfahrens eignet sich verständlicherweise besonders gut für die onlineaffine und junge Generation der sogenannten Digital Natives.

"Moderne Auswahlverfahren wie Online-Games eignen sich besonders gut für die onlineaffine und junge Generation der sogenannten Digital Natives."

Im nächsten Schritt steht dann das persönliche Gespräch an. Und auch hier kommt das Prinzip des Recrutainments zum Einsatz. Für den Personaler gilt es jetzt, eine entspannte Atmosphäre zu erzeugen, die ein ungezwungenes Gespräch ohne offensichtlichen Druck oder sonstige Stresssituationen ermöglicht. Das macht es für beide Seiten leichter, locker und offen miteinander zu reden. Zudem vermittelt diese Art des Bewerbermanagements ein positives Bild des Unternehmens und trägt somit auch zur Arbeitgebermarkenbildung bei. Eine Win-win-Situation sowohl für den Human Ressource Manager als auch für den Bewerber selbst.

Recrutainment spielt auch in den sozialen Medien eine wichtige Rolle

Die sozialen Netzwerke sind in der heutigen Zeit kaum noch wegzudenken. Ob Facebook, Twitter, Instagram oder YouTube – die potenziellen Bewerber suchen sich die Unternehmen mittlerweile immer häufiger über diese Portale aus. Dementsprechend ist es gerade im HR-Bereich extrem wichtig, den jungen Usern einen informativen und gleichzeitig frischen Social-Media-Auftritt zu präsentieren – wozu nicht zuletzt auch die Experten des Portals Gründerszene raten. Und das Online-Recrutainment kann dabei eine entscheidende Position einnehmen. Statt langweiligen Firmensteckbriefen und unnötig komplizierten Informationen steht der Spaß im Vordergrund: Mini-Games, spannende Zusatzoptionen wie Rankings und Umfragen oder auch eine Video- oder sogenannte Insta-Story über das Unternehmen und dessen Ziele.

"Potenzielle Bewerber suchen sich die Unternehmen immer häufiger über Social Media Portale aus. Dementsprechend ist es gerade im HR-Bereich extrem wichtig, den jungen Usern einen informativen und gleichzeitig frischen Social-Media-Auftritt zu…"

Um sich von den Konkurrenzunternehmen abzusetzen, gehen einige HR-Abteilungen häufig auch noch den einen oder anderen Schritt weiter. Als Beispiele sind zum einen der persönliche Kontakt per Snapchat und zum anderen der informative Austausch in einer offenen WhatsApp-Gruppe zu nennen. Durch diese speziellen Recrutainment-Aktionen erreicht man die potenziellen Bewerber deutlich einfacher und zeigt zudem, dass man eine moderne Firma ist, mit der man auch Spaß haben kann und die auf altbackene und langweilige Methoden verzichtet. Und dass sich diese Form des Personalmarketings auch ganz hervorragend für die eigene Außendarstellung und ein gesteigertes Employer Branding eignet, muss sicherlich nicht extra erwähnt werden.

 

Über den Autoren

Sven Schäfer arbeitet bereits seit über zehn Jahren als selbst­stän­diger Journalist und Autor für diverse Online-Portale, (Tages-) Zeitungen und Magazine. Seit nunmehr einem Jahr schreibt er unter anderem auch für Lebenslauf.de. Dort zeichnet er sich vor allem durch sein Expertenwissen in Bezug auf optimierte Be­werbungs­abläufe und die strukturellen Inhalte von Lebensläufen und Anschreiben aus.