Erste Hilfe bei der zweiten Welle – Wie wir locker durch den Lockdown Light kommen

09.11.2020 | Gina Schöler

Woman drinking coffee
Quelle: Foto von Andrea Piacquadio von Pexels

Egal ob zu Hause, im Home Office oder im Büro. Corona und der Lockdown Light drücken ganz schön auf die Stimmung und beeinflussen uns nicht nur privat, sondern auch in unserem Berufsleben. Besonders hier haben schlechte Laune, ein Herbstblues und Niedergeschlagenheit jedoch oft wenig Platz. Gefordert wird – auch von den eigenen Erwartungen an uns selbst – stets höchste Leistung und das bei kontinuierlichen Veränderungen.

Was hierbei schnell auf der Strecke bleibt, ist das Gefühl verstanden zu werden, Zeit für sich zu haben und einfach  wieder bei sich und zufrieden zu sein. Deshalb zeigen wir euch, wie ihr das kleine Glück auch in schwierigen Zeiten nicht aus den Augen verliert (oder auch wieder findet) und somit ausgeglichen, gesund und motiviert durch den Herbst und diese außergewöhnliche Situation kommt.

1. Schafft Routinen!

Unsicherheit versetzt viele Menschen in einen dauerhaften Stresszustand, der sich durch das verstärkte Ausschütten des Stresshormons Cortisol auch in Form von physischen Beschwerden widerspiegelt. Um diese natürliche Reaktion des Körpers zu unterbinden, kann es hilfreich sein, neue Routinen zu schaffen. Dadurch werden Unsicherheiten gezielt minimiert – wir wissen, wann wir aufstehen, wie wir am besten in den Tag starten, zu welcher Uhrzeit wir Pausen oder Sport in den Alltag integrieren. Das gibt uns die Möglichkeit (zumindest zeitweise) den Autopilot anzumachen und gelassener mit weiteren Unsicherheiten des Tages umzugehen.

Auch das Bundesministerium für Gesundheit zeigt in einem aktuellen Kurzvideo, dass es völlig normal ist, dass die aktuellen Umstellungen zu schaffen machen. Sie empfehlen deshalb auch Bewegung und eine gesunde Ernährung in den Alltag einzubauen, um das Gemüt positiv zu beeinflussen.

2. Reguliert den Nachrichten-Konsum.

Wir werden tagtäglich von schlechten Nachrichten überschüttet – sei das durch das Radio, analogen und digitalen Nachrichten und natürlich über Social Media. Dabei ist der Mensch nur zu einem gewissen Grad aufnahmefähig für all das, was auf ihn einprasselt und die ständige Informationsfilterung kostet Kraft und Energie! Wichtig ist deshalb für den Lockdown Light im Herbst mehr denn je zu reflektieren, wie sich schlechte Nachrichten und Neuigkeiten auf die eigenen Gefühle auswirken. Was tut gut und wann setzt das Gefühl der Überforderung ein? Und vor allem: Wie gehe ich damit um? Also heißt es Grenzen setzen und Selbstverantwortung übernehmen was den täglichen Konsum von Medien angeht. Ausmisten ist angesagt: Benachrichtigungen ausstellen, Apps zeitweise deinstallieren oder eine aufmunternde Abwesenheits- oder Respondernotiz im Mailprogramm können dabei helfen.
 

3. Nehmt gezielt Auszeiten.

Ob getriggert durch Nachrichten, Social Media oder der allgemeinen Unsicherheit: Bewusste Auszeiten oder sogar Offline-Zeiten steigern das Wohlbefinden. Deshalb sollte man trotz stetig wachsenden To-Do-Listen öfters mal einfach “Nein” sagen und sich einfach etwas Gutes tun. Vom vorzeitigen Feierabend, über ein schönes Essen mit der Familie oder dem Abtauchen mit dem neusten Lieblingsbuch.

Auch ein Spaziergang in der Natur bewirkt manchmal Wunder. Tiefes ein- und ausatmen von frischer Luft, das Bewundern der Farben des Herbsts oder auch das bewusste Lauschen der Geräusche des Regens auf dem Regenschirm. Es sind oft die kleinen Momente, die uns glücklich machen.

4. Tut euch was Gutes!

Jetzt ist es wieder an der Zeit, dass so einiges von uns (ab)verlangt wird. Beruflich, familiär und auch gesellschaftlich. Also ist es gerade jetzt wieder wichtiger denn je, die eigene Batterie gut aufzuladen, so dass wir auch seelisch gesund bleiben. Achtet daher ganz bewusst darauf, wer oder was auch gut tut und integriert genau das ganz konkret in euer Leben. Praktiziert Selbstfürsorge, indem ihr euch lobt, euch etwas gönnt und euch selbst ganz oben auf die Prioritätenliste setzt. Das können die unterschiedlichsten Dinge sein: Eine heiße Schokolade, das tolle Kleid oder eine extra Portion Schlaf, alles coronoakonform und absolut glücksfördernd!

5. Löst euch von (eigenen) überzogenen Erwartungen!

Auszeit meint Auszeit, auch wenn sich das zu Beginn auch mal komisch anfühlt. Denn durch unseren ständigen Vergleich und der Einsicht vom Alltag anderer (etwa über Social Media) setzen wir uns selbst unter Druck, selbst in unserer Freizeit produktiv sein zu müssen. Diese Phase kann auch einfach mal überfordernd sein und man sich unproduktiv fühlen dürfen. Allein die Jahreszeit suggeriert uns auch, dass wir uns verkriechen und Winterschlaf machen möchten.
Versucht euch davon nicht verrückt machen zu lassen – das Bananenbrot kann auch morgen noch gebacken werden und ob ihr eine halbe Stunde Yoga mehr oder weniger macht, kontrolliert auch niemand.

6. Übt euch in Geduld und Empathie.


Im Allgemeinen empfindet man das kleine Glück vor allem dann, wenn wir uns gelassen fühlen.
Geduld ist also ein Zauberwort wenn es um das Glück geht. Nicht nur in Bezug auf andere, sondern vor allem auch in Bezug auf euch selbst. Denn auch schlechte Laune hat ihre Berechtigung. @Schrngg (Max Scharnick, Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung) bringt hierzu absolut treffend auf den Punkt: “Mich seit Wochen gefragt, warum ich so gestresst und erledigt bin. Heute gedacht: Es ist gar nicht, dass so viel zu tun wäre, sondern weil so viel auszuhalten ist.”

Wir können nicht jeden Tag 100 Prozent geben und auch nicht von jetzt auf gleich alles annehmen und umsetzen. Das braucht Zeit.

Das Verständnis darüber, dass vieles neu ist und alle unterschiedlich auf Umstellungen reagieren, hilft. Vor allem auch im Umgang und der Zusammenarbeit mit Familie, Freunden und Kollegen. Tauscht euch über Ängste und Herausforderungen aus und unterstützt euch gegenseitig. Fragt ehrlich und hartnäckig nach, wie es den anderen geht! Nicht nur durch Geduld, sondern vor allem auch mit einer gehörigen Portion Empathie kann Trotz und Unmut reduziert werden.
Also: Seid nachsichtig mit euch – aber auch mit anderen, denn unsere Nervenkostüme sind gerade in solch einer Ausnahmesituation nicht die besten und wir reagieren manchmal etwas über. Also erstmal atmen, Perspektive wechseln und wohlwollend miteinander umgehen.

Und wenn es mal hart auf hart kommt, ihr euch in negativen Gedanken verliert, nicht mehr weiter wisst und jemanden kennt, dem es so geht, dann gilt immer: Hilfe holen ist erlaubt, notwendig und kann Leben retten!
Wir müssen nicht den Starken spielen, erst recht nicht, wenn wir uns in einer kollektiven Ausnahmesituation befinden.
Die Deutsche Depressionshilfe hat ein Krisentelefon eingerichtet, das 24 Stunden erreichbar ist:

0800 / 11 10 111 oder 0800 / 11 10 222
www.telefonseelsorge.de
telefonseelsorge@diakonie.de

7. Schafft wertvolle Verbindungen und werdet kreativ.


Soziale Beziehungen sind ein Grundbedürfnis des Menschen. Daher sollte man stets den Fokus auf zwischenmenschliche Verbindungen setzen, diese aufbauen und pflegen – privat und beruflich. Die Niederländer haben für diese wertvollen sozialen Verbindungen in dieser Pandemiezeit sogar einen eigenen Namen: Knuffelcontact
Das meint so viel wie Kuschelkontakt, wie das SZ Magazin aufklärt. Ob diese Art von Zuneigung bürotauglich ist, darf natürlich jeder selbst entscheiden.

Trotzdem ist der Umgang im Team ein wichtiger Hebel, um die Einzelleistung zu beeinflussen. Dazu kann auch im Home Office positiv beigetragen werden. Wurden im Büro stets Kekse ausgelegt oder gemeinsam die Kaffeeküche belegt, können jetzt stattdessen liebe Worte per Mail oder Dankeskarten verschickt werden sowie zu virtuellen Kaffee-Dates oder gar Afterworks eingeladen. Oder wie wäre es mit einem kleinen postalischen Kekspaket nach Hause? Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Liebe Worte, Lob und Inspirationsquellen sind absolute Garanten im Empfinden des kleinen Alltagsglücks. Auch wertschätzendes Feedback sollte jetzt nicht zu kurz kommen.

Dazu passend biete ich dieses Jahr eine virtuelle Weihnachtsfeier und ein Juhu zum Jahresauftakt an – mit Kerzen, Keksen und Konfetti. Mehr Infos findet ihr hier: www.ministeriumfuerglueck.de/virtuelle-weihnachtsfeier-und-jahresauftakt

8. Der Blick auf das große Ganze.

Wozu machen wir all das aktuell? Momentan geht darum, sich zurückzunehmen, um für andere da zu sein, indem wir die Gesundheit schützen und das System nicht überlasten. Wenn wir uns vor Augen führen, was es bezweckt, wenn wir uns einschränken, dann fällt dies uns weniger schwer und hilft beim Umgang mit der Situation.
Das Akzeptieren der aktuellen Situation hilft, die täglich verfügbare Energie für die wirklich wichtigen Dinge im Leben aufzusparen. Energie auf Dinge zu lenken, die nicht geändert werden können, hemmt deine Kreativität positiv zu handeln. Durch die Akzeptanz, nicht für die Situation verantwortlich zu sein und diese nicht aktiv ändern zu können, birgt oftmals neue Perspektiven darauf, was stattdessen alles bewirkt werden kann.

Es gilt wie auch im März diesen Jahres: Findet eine gesunde Mischung aus Akzeptanz und Aktionismus. Also, Akzeptanz der Situation, das Große und Ganze im Blick behalten, den Moment annehmen und das beste daraus machen. Und Aktionismus in dem Sinne, dass eure Stärken eingesetzt werden, um euch selbst und anderen zu helfen, Gutes zu tun und somit Glück zu fördern!

9. Habt Hoffnung in die Zukunft!

Mit dem Akzeptieren der aktuellen Situation wird nämlich nicht die Verantwortung dafür abgegeben, die Zukunft aktiv mitzugestalten und dieser hoffnungsvoll entgegen zublicken. Die Vorfreude auf all die Dinge, die ihr wieder machen könnt, sobald der Lockdown und die Krise vorübergezogen ist, weckt positive Gefühle. Also lasst eurer Fantasie freien Lauf und spinnt mit euren Mitmenschen zusammen die schönsten und wildesten Pläne „für danach“. Was wollt ihr unbedingt machen? Was vermisst ihr? Was möchtet ihr erleben? Malt es euch in den buntesten Farben aus, visualisiert es, sprecht lebhaft darüber – so wächst die Vorfreude. Denn wir wissen: All das hier ist temporär, wir müssen uns nur gedulden.

10. Nehmt nicht alles so ernst!

Natürlich ist das leichter gesagt als getan. Denn, Fakt ist, die Lage ist ernst und das wird sich auch nicht so schnell ändern. Trotzdem kann Humor ein gutes Ventil sein, um dem Ernst der Lage etwas Positives abzugewinnen.

Der Versuch Kollegen aus dem Meckern rauszubringen beispielsweise oder gemeinsam zu lachen anstatt in die endlose Negativ-Spirale mit einzusteigen, hilft, sich nicht gegenseitig hoch- statt runterzuziehen und auf neue Gedanken zu bringen.

Nehmt nicht alles ganz so ernst, vor allem nicht euch selbst – Die Regeln aber natürlich schon! ;)

In diesem Sinne, bleibt vernünftig, zu Hause und vor allem gesund!

Über die Autorin

Gina Schöler, Glücksministerin
Gina leitet die bundesweite Initiative „Ministerium für Glück und Wohlbefinden“ und ruft mit bunten Aktionen und Angeboten dazu auf, das Bruttonationalglück zu steigern. Mit bunten Aktionen und Angeboten wie Workshops und Vorträgen regt sie alltagsnah, auf Augenhöhe und mit viel Spaß zum Umdenken an: Wie wollen wir leben und arbeiten? Was macht uns dabei glücklich?

Zu den anderen Beiträgen der Kolumne